Henriette Grabau verh. Bünau (1805–1852)

Henriette Grabau (Abbildung, vgl. http://www.bremerfrauengeschichte.de/)

Die Sängerin Eleonore Henriette Magdalena Grabau wurde in eine musikalische Familie hineingeboren und erhielt ersten Gesangs- und Klavierunterricht von ihrem Vater, dem Bremer Organisten Johann Christian Lebrecht Grabau. Dieser veranstaltete in Bremen Abonnementkonzerte und gründete 1811 den Grabau’schen Singverein. Auch ihre Geschwister nahmen eine musikalische bzw. künstlerische Laufbahn auf, ihre Schwestern Adelheid und Maria wurden ebenfalls Konzertsängerinnen, ihr Bruder Christian wurde Maler und ihr Bruder Andreas, der auch mit Robert und Clara Schumann befreundet war, wurde Cellist.

In Dresden erhielt Henriette Grabau Unterricht bei Johann Aloys Miksch (1765–1845), bei dem auch Clara Wieck 1834 einige Gesangsstunden nahm und interessante Details über seinen Unterricht in ihrem Tagebuch festhielt. Miksch ermöglichte Henriette Grabau 1826 einen Auftritt im Leipziger Gewandhaus. Ihr Auftritt, sie sang eine Arie aus der Oper Zelmira von Gioachino Rossini, verlief so erfolgreich, dass sie für die nächste Konzertsaison engagiert wurde und bis 1839 als Sängerin (bis 1837 als Hauptsängerin) am Leipziger Gewandhaus wirkte. 1828 trat sie in Clara Wiecks erstem öffentlichem Konzert auf, 1830 in ihrem Debütkonzert und mit ihr in weiteren Abonnementkonzerten des Gewandhauses Anfang der 1830er-Jahre. Henriette Grabau trat auch in den Soireen von Raymund Härtel auf, wie die Tagebücher Clara Wiecks und Robert Schumanns verraten. Besonders Felix Mendelssohn Bartholdy, ab 1835 Kapellmeister des Gewandhauses, schätzte die Sängerin sehr – ihr widmete er seine Aquarellzeichnung des alten Gewandhauses mit einem Notenzitat aus Luigi Cherubinis Oper Ali Baba in Erinnerung an ihr erstes gemeinsames Gewandhauskonzert. Viele seiner Liedkompositionen durfte Henriette Grabau in den 1830ern als erste öffentlich vortragen, 1836 wirkte sie in der Uraufführung seines Oratoriums Paulus mit.

Robert Schumann lernte Henriette Grabau in den 1830ern in Leipzig kennen, er gab ihr aufgrund ihrer „Marienstimme“, die sich durch „Reinheit und Wahrheit in Stimme und Ausdruck“ auszeichnete (zit. nach Grenzboten, S. 32), den Davidsbündlernamen „Maria“. In der Uraufführung und Wiederaufführung von Schumanns Oratorium Das Paradies und die Peri op. 50 am 4. und 11. Dezember 1843 in Leipzig übernahm sie die Altsolopartie, spielte Harfe und leitete die Proben der Frauenchöre.

Als das Leipziger Konservatorium 1843 durch Mendelssohns Initiative gegründet wurde, gehörten Robert Schumann und Henriette Grabau verh. Bünau neben Ferdinand David, Carl Friedrich Becker, Moritz Hauptmann und Ferdinand Hiller zu den ersten Lehrern; Henriette Grabau verh. Bünau war sogar die erste und zu der Zeit einzige Lehrerin des Konservatoriums.

Henriette Grabau heiratete 1837 den Leipziger Kaufmann Julius Alexander Bünau (1809–1871), 1838 wurde die gemeinsame Tochter Helene geboren. Ihren letzten öffentlichen Auftritt in den Abonnementkonzerten des Gewandhauses gab sie 1839, sie trat aber noch mehrmals in den 1840ern auf, so etwa 1843 zur Enthüllungsfeier des Bach-Denkmals in Leipzig und 1847 in dem Gedächtniskonzert für den verstorbenen Mendelssohn im Leipziger Gewandhaus.

Vgl. Grenzboten 48. Jg., Erstes Vierteljahr, 1889, S. 32.
Vgl. Doris Mundus: Artikel „Grabau-Bünau, Henriette Eleonore“. Leipziger Frauenporträts, Webseite der Stadt Leipzig, 2015. Online unter: https://www.leipzig.de// [1.9.2020].
Vgl. Musikstammbuch (1836–1852) von Henriette Grabau-Bünau, Nachlass Helene Bünau, Gertrude Clarke Whittall Foundation Collection of the Library of Congress. Online unter: https://www.loc.gov/resource/ [1.9.2020].
Vgl. Brigitte Richter: Frauen um Felix Mendelssohn Bartholdy, Leipzig 1997, S. 98–102 [sowie Neuauflage 2014, S. 147–153].
Vgl. Schumann-Briefedition, Serie II, Bd. 20: Briefwechsel mit Freunden und Künstlerkollegen (Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Korrespondenten in Leipzig 1830 bis 1894), Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann; Herausgeber: Annegret Rosenmüller und Ekaterina Smyka, Köln 2019, S. 409–415.

(Theresa Schlegel, 2020)