Mathilde Hartmann (1817‒1902)

Als Clara und Robert Schumann 1850 nach Düsseldorf zogen, wurden sie am 7. September mit einem Konzert des Allgemeinen Musikvereins offiziell begrüßt: Die in Düsseldorf lebende Sopranistin Mathilde Hartmann war eine der mitwirkenden Künstler, sie sang Schumanns Lied „Widmung“ (op. 25, Nr. 1), außerdem erklangen die Lieder „Lotusblume“ (op. 25, Nr. 7) und „Wanderlied“ (op. 35, Nr. 3) sowie die Genoveva-Ouvertüre op. 81 und der 2. Teil von Das Paradies und die Peri op. 50. Schon am 16. September 1850 vermerkte Schumann in seinem Haushaltbuch einen Besuch bei der Sängerin, dem sich viele weitere anschlossen. Nicht nur zu den Proben der Konzerte des Allgemeinen Musikvereins, nun unter der Leitung Robert Schumanns, sondern auch zum privaten Musizieren wurde sich getroffen, so etwa am 19. Oktober 1851 zum „Kränzchen bei Frl. Hartmann“, wie Schumanns Haushaltbuch dokumentiert. In den Abonnement-Konzerten trat die Sängerin mehrere Male auf, u.a. am 24. Oktober 1850 als Solistin in der Uraufführung von Schumanns Adventlied op. 71.

Doch darüber hinaus wurde Mathilde Hartmann schon bald eine private Vertraute der Schumanns, die z.B. in dem neuen Logis der Schumanns, in dem sich Robert von dem andauernden Straßenlärm gestört fühlte, sein Zimmer auf die ruhigere Hofseite umräumte und nett herrichtete; auch gemeinsame Ausflüge in die Umgebung Düsseldorfs wurden unternommen. 1853 begleitete Mathilde Hartmann Robert und Clara Schumann auf der Konzertreise nach Holland und wirkte in vier Konzerten mit. Schumann widmete ihr sein 1851 komponiertes (und 1853 erschienenes) Op. 119: Drei Gedichte aus den Waldliedern von Gustav Pfarrius.

Von der engen Beziehung zur Familie Schumann zeugen auch die Patenschaft für den jüngsten Sohn Felix (1854–1879) und die Besuche in der Heilanstalt in Endenich: Mathilde Hartmann konnte Robert Schumann im Gegensatz zu Clara sehen: „Mathilde kam heute von Bonn und hat mir Blumen wieder, Nelken und Rosen, die er eigens für mich gepflückt und dem Frl. Reumont gegeben, gebracht! […] Mathilde hat ihn auch gesehen… sie stand bei Frl. Reumont hinter einer Gardine, und so konnte sie ihn sprechen hören und genau sehen; sie sagte mir, sie habe ihn nie so munter und frisch aussehend gefunden, dabei habe er ganz sein mildes Lächeln gehabt! – Wie beneide ich Mathilde […].“ (zit. nach Seibold, S. 111). Nach Robert Schumanns Tod schenkte Clara der Sängerin das handschriftliche Manuskript von Op. 119 mit der Widmung: „An Mathilde Hartmann die Original-Handschrift der ihr dedicierten Lieder von Robert Schumann zu liebenden Erinnerung ihr dargeboten von Clara Schumann, Düsseldorf d. 26 septbr 1856“.

Über Mathilde Hartmanns Biografie und Ausbildung ist nur sehr wenig überliefert. Sie ist wohl, wie Konzertrezensionen nahelegen, hauptsächlich in den 1850ern aufgetreten, am häufigsten in Düsseldorf (u.a. in den Abonnement-Konzerten des Musikvereins sowie bei dem 31. und 33. Niederrheinischen Musikfest 1853/1855), aber auch in Köln, Bad Kreuznach, Elberfeld (zusammen mit Clara Schumann 1851), in Barmen (1853 in einer eigenen Soiree sowie 1855 in einem Konzert Carl Reineckes und Clara Schumanns), in Trier (1863 ebenfalls in einem Konzert Clara Schumanns). Im Winter 1854 hat sich Mathilde Hartmann, laut der Niederrheinischen Musik-Zeitung für Kunstfreunde und Künstler (10.2.1855, S. 45), bei dem Stockholmer Gesangslehrer Isaak Berg weiter ausbilden lassen, bei dem schon Jenny Lind Unterricht genommen hatte. Auf den Konzertreisen Clara Schumanns trat Mathilde Hartmann ebenfalls auf, wie oben erwähnt 1853 in Holland sowie 1856 in England.

Vgl. Robert Schumann, Tagebücher Bd. III: Haushaltbücher Teil 2: 1847–1856, hrsg. v. Gerd Nauhaus. Leipzig 1982, S. 538, 575.

Vgl. Wolfgang Seibold: Familie, Freunde, Zeitgenossen. Die Widmungsträger der Schumannschen Werke (= Schumann-Studien 5), Sinzig 2008, S. 109‒112.

Vgl. zu einigen Auftritten Mathilde Hartmanns: Neue Zeitschrift für Musik Nr. 40 vom 15. November 1850, S. 219; Signale für die musikalische Welt 11. Jg., Nr. 8, Februar 1853, S. 61; Signale für die musikalische Welt 13. Jg., Nr. 12, März 1855, S. 93; Niederrheinische Musik-Zeitung für Kunstfreunde und Künstler 4. Jg., Nr. 12 vom 12. Juli 1856, S. 224.

(Theresa Schlegel, 2020)