Heinrich Heine (1797–1856)

Heinrich Heine (Stahlstich, vgl. StadtMuseum Bonn, SMB 2004/120)

Heinrich Heine hörte Clara Wieck auf ihrer Konzertreise in Paris 1832. Ein Freund Heines aus der Hamburger Zeit, Johann Peter Lyser, auch mit Robert Schumann befreundet und für dessen Zeitschrift arbeitend, verfasste einen Artikel anlässlich Clara Wiecks Parisreise, der 1833 in seiner Cäcilia. Ein Taschenbuch für die Freunde der Tonkunst erschien. In ihrem Tagebuch vermutete Clara, dass dieser Artikel „wahrscheinlich aus einem Briefe von Heine in Paris geschöpft“ ist (Jugendtagebücher, S. 131), was sich aber nicht verifizieren lässt. Lyser berichtet von Claras ungewöhnlicher künstlerischer Reife, die sich nicht mit der Kategorie des Wunderkinders fassen lässt. Ganz im Gegenteil, „der Geist dieses seltsamen Wesens brach sich selber Bahn, sie lernte, man könnte sagen spielend, und dennoch betrieb sie eben dieses spielende Lernen mit einer Leidenschaftlichkeit“ (Cäcilia, S. 256), sie könne mit den Pianistinnen Anna de Belleville (1808–1880) und Leopoldine Blahetka (1809–1885) auf eine Stufe gestellt werden und werde diese in einigen Jahren übertreffen. Denn Clara Wieck vermag es, anspruchsvolle Kompositionen zu erfassen und sich anzueignen, spielt sie auswendig und mit einem Ausdruck, der durch ihre sonst kindliche Erscheinung gar nicht zu erwarten wäre. „Es ist, als wisse das Kind eine lange, aus Luft und Schmerz gewobene Geschichte zu erzählen, und dennoch – was weiß sie? – Musik.“ (ebd., S. 258).

Als Clara Wieck 1839 nochmals eine Konzertreise nach Paris unternahm, nun ohne Begleitung ihres Vaters und für die Dauer mehrerer Monate, lernte sie über Giacomo Meyerbeer Heinrich Heine kennen. Sie war am 28. März zu Tisch bei Meyerbeer eingeladen, den dort anwesenden Heine beschrieb sie als „melancholisch und unglücklich weil er das Unglück voraus sieht, seine Augen zu verlieren; oft soll er aber auch so heiterer Laune sein, daß er unwiederstehlich liebenswürdig ist. Er sprach mit vieler Erbitterung über Deutschland.“ (Jugendtagebücher, S. 325).

Robert Schumann, der Heine am 8. Mai 1828 in München (das einzige Mal) persönlich getroffen hat, vertonte seine Gedichte in den Liederzyklen Liederkreis op. 24 (1840 erschienen) und Dichterliebe op. 48 (1844 erschienen). Die 1840 komponierten Lieder wurden im privaten Kreis zwischen Robert Schumann, Clara Wieck und Felix Mendelssohn Bartholdy im Frühjahr 1840 in Berlin erprobt: „In Berlin verlebten wir einige Stunden am Clavier, die mir unvergeßlich sind. Ich habe neuerdings viel für Gesang geschrieben. Das sang er [Mendelssohn] denn Alles mit der Clavierbegleitung meiner Braut (die gut spielt, wie Sie vielleicht wissen), daß mir’s ganz selig dabei zu Muthe war.“ (Schumann an Eduard Krüger, 15. Mai 1840, zit. nach Jansen, S. 163).

Clara Schumann vertonte Anfang der 1840er einige Gedichte von Heine, zwei davon wurden in ihrem Op. 13 Sechs Lieder mit Begleitung des Pianoforte veröffentlicht. „Sie liebten sich beide“ (op. 13 Nr. 2) und „Lorelei“ (WoO) schenkte Clara Schumann Robert zum Geburtstag im Juni 1842 und 1843.

Vgl. Clara Wieck, Jugendtagebücher 1827‒1840, hrsg. von Gerd Nauhaus und Nancy B. Reich unter Mitarbeit von Kristin R.M. Krahe, Hildesheim 2019, S. 413 Anm. 5 und 6.

Vgl. Johann Peter Lyser: „Clara Wiek“ [sic], in: Cäcilia. Ein Taschenbuch für die Freunde der Tonkunst, 1. Jg. 1833, S. 251–256.

Vgl. Robert Schumann’s Briefe. Neue Folge, hrsg. v. F. Gustav Jansen, Leipzig 1886.

(Theresa Schlegel, 2020)