Robert Schumann op. 63

Robert Schumann: Klaviertrio Nr. 1 d-Moll op. 63

I. Mit Energie und Leidenschaft
II. Lebhaft, doch nicht zu rasch
III. Langsam, mit inniger Empfindung
IV. Mit Feuer


Erst im Sommer 1847 schreibt Robert Schumann in Dresden das erste seiner drei zu Lebzeiten veröffentlichten und auch so bezeichneten Klaviertrios. Nach einigen Überarbeitungen kann er das vollendete Werk seiner Frau Clara zu deren 28. Geburtstag am 13. September 1847 als Geschenk überreichen. Noch am selben Abend spielt sie es im privaten Kreis mit zwei befreundeten Konzertmeistern aus der Dresdner Hofkapelle. Voller Begeisterung äußert sie in ihrem Tagebuch über dieses Stück: „Es klingt [...] so jugendfrisch und kräftig, dabei doch in der Ausführung so meisterhaft!“ Tatsächlich gehört dieses erste Werk in Trio-Besetzung aus Schumanns Feder von Anfang an zu den kammermusikalischen Perlen seines ?uvres. Schon alleine die Tatsache, wie treffend er durch die voran gestellten deutschen Satzbezeichnungen Ausdruck und Charakter der nachfolgenden Sätze umreißt, beeindruckt den Hörer.

Clara Schumann schätzte besonders den fulminanten, am Modell der Sonatenhauptsatzform orientierten Eröffnungssatz dieses Klaviertrios, für sie „einer der schönsten, die ich kenne“. Stürmisch drängt das Hauptthema vorwärts, steigert sich sequenzierend unter Aufbau rhythmischer Spannungen bis hin zu einer kleinen Erholungspause, die letztlich in das motivisch daraus entwickelte, nicht minder schwungvolle Seitenthema überleitet. Polyphone Strukturen und kühne Synkopenbildungen verstärken den besonderen Reiz dieses Kopfsatzes. Die ungewöhnlich umfangreiche Durchführung kombiniert motivische Materialien der Exposition mit neuen thematischen Einfällen. Der stets präsente Gegensatz zwischen spannungsgeladener und eher lyrischer Atmosphäre wird noch deutlicher ausgestaltet. Nach einer ziemlich mit der Exposition übereinstimmenden Reprise greift die energische Coda ein letztes Mal jene den Satz prägende Ausdrucksdialektik auf.

Wesentlich schlichter und nicht so vielschichtig gegliedert folgt der zweite Satz, ein dreiteiliges Scherzo mit lebhaften, rhythmisch pointierten Bewegungen. Hoch expressiv und vor allem satztechnisch äußerst kompliziert angelegt, tritt dem gegenüber der dritte Satz auf. Schumann entwickelt hier ein subtiles Geflecht aus polyphoner Melodien- und Stimmenvielfalt, um das gesangliche Ausgangsthema auf immer kühnere Weise zu variieren. Eine überraschende Wendung zur gelösteren Dur-Atmosphäre bereitet schließlich den Boden für das feurige Finale in Rondoform. In Harmonik und Melodik einfach gestaltet, aber um so temperamentvoller im Duktus, lässt das einprägsame Hauptthema dieses Schluss-Satzes keinen Moment der Ruhe zu. Die strahlende Stimmung, ein Hauptmerkmal dieses Satzes, bleibt bis zum Verklingen der kraftvoll zupackenden Coda ungetrübt.

Schumanns Klaviertrio op. 63 erlebte in rascher Folge mehrere Aufführungen im privaten Kreis, bis es am 13. November 1848 bei einer Musikalischen Unterhaltung im Leipziger Tonkünstlerverein öffentlich uraufgeführt wurde. Noch im selben Jahr erschien es im Verlag Breitkopf & Härtel in Leipzig und schon am 20. Januar 1849 spielte man es im Leipziger Gewandhaus, wobei Clara Schumann den Klavierpart übernahm. Es zählt bis heute zu den bedeutendsten und populärsten Werken Schumanns, nicht zuletzt wegen seiner Umsetzung von Beethovens Gedanken „Durch Nacht zum Licht“: Vom aufwühlenden d-moll des Eröffnungssatzes bis zum triumphierend-strahlenden D-Dur im Finale.

(Irmgard Knechtges-Obrecht)