Robert Schumann op. 88

Robert Schumann: Vier Phantasiestücke für Klavier, Violine und Violoncello op. 88

Nr. 1 Romanze. Nicht schnell, mit innigem Ausdruck
Nr. 2 Humoreske. Lebhaft
Nr. 3 Duett. Langsam, und mit Ausdruck
Nr. 4 Finale. Im Marsch Tempo

Robert Schumann arbeitet in der ihm eigenen systematischen Schaffensweise ab 1840 einen musikalischen Bereich nach dem anderen schwerpunktmäßig ab. Zuvor komponierte er fast ausschließlich Klaviermusik. 1842 stehen nun kammermusikalische Werke auf dem Plan. Zum Abschluss dieses so genannten „Kammermusikjahres“ entwirft Schumann im Dezember 1842 ein mehrsätziges Werk in klassischer Triobesetzung für Streicher und Klavier. „Ganz anders, ganz leiser Natur“ erscheint ihm seine Komposition, die er fast zwei Jahre später dem Leipziger Verleger Peters als „neues Trio“ anbietet. Doch nicht in dieser ursprünglichen Gestalt findet es den Weg in die Öffentlichkeit und auch nicht durch einen Druck bei dieser Verlagsanstalt. Es liefert stattdessen das Material für die fast acht Jahre später veröffentlichten Phantasiestücke op. 88.

Immer wieder vertröstet Schumann den Verleger und schickt ihm keine gebrauchsfähige Stichvorlage. 1849 überarbeitet er die vier Sätze seiner Komposition und bemerkt wohl bald, dass diese zwar durch die Anordnung der Tonarten miteinander verbunden sind, aber keineswegs dem entsprechen, was man landläufig unter einem Klaviertrio versteht. Auch zwei andere, „richtige“ Klaviertrios schreibt er zwischenzeitlich (op. 63 und op. 80), die auf überzeugende Weise dem Gattungsanspruch gerecht werden. Denn auch dem Schema des gewohnten Sonatenzyklus folgen die Sätze aus op. 88 nicht. So nennt Schumann sie schließlich Phantasiestücke und gibt jedem einzelnen Satz eine ebenso bezeichnende wie auch beziehungsreiche Überschrift. Die Satztitel repräsentieren ausgesprochene Charaktertypen und rücken somit ganz in die Nähe der poetischen Klavierstücke. Gleichwohl eröffnet Schumann hier eine neue Dimension auf dem gewohnten Feld der Triobesetzung. Gemessen an den drei offiziellen, im Druck so bezeichneten Klaviertrios op. 63, op. 80 und op. 110 sind die Stücke op. 88 von deutlich schlichterer Machart. Sie beweisen Schumanns Bemühen, frühzeitig die Triobesetzung zu bewältigen, andererseits aber innerhalb tradierter Formen andere Wege zu suchen.

Zart und liedhaft eröffnet die Romanze den Reigen der Phantasiestücke mit gefühlvoll-innigen Melodiebögen. Ebenso ungewohnte wie reizvolle Klangbilder erzielt Schumann in den unterschiedlichsten Kombinationen der drei Instrumente. Höchst lebendig kommt die Humoreske daher, geprägt von ihrer eigenwilligen, wie gegen den Strich gebürsteten Rhythmik. Gerade hierin sowie im mehrfach unvermittelt wechselnden Ausdruck zwischen lyrisch und effektvoll zeigt sich der „Humor“ dieses Satzes. Im Duett besticht ein kanonartig angelegter Dialog zwischen den beiden kantabel geführten Streichinstrumenten, vom Klavier mit einem perlenden Klangteppich unterlegt. Die bunte Vielfalt marschartiger Passagen im Finale führt das Werk zu seinem schwungvollen Ende.
(Irmgard Knechtges-Obrecht)