Julius Stern (1820–1883)

Julius Stern (Photographie, vgl. http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/)

Julius Stern, in Breslau geboren, zog 1832 mit seiner Familie nach Berlin, wo er 14-jährig Mitglied der Sing-Akademie wurde und von 1837 bis 1841 Komposition an der Akademie der Künste studierte. Auf Empfehlungen Meyerbeers und Mendelssohns erhielt er von König Friedrich Wilhelm IV. (reg. 1840–1861) 1843 ein zweijähriges Stipendium, woraufhin er in Dresden Gesang studierte und in Paris die Leitung des „Deutschen Gesangvereins“ übernahm. 1846 kehrte er nach Berlin zurück und gründete im folgenden Jahr den von ihm bis 1874 geleiteten „Stern’schen Gesangverein“. 1849 erhielt Stern in Anerkennung seiner Verdienste um das Berliner Musikleben den Titel Königlicher Musikdirektor, 1860 den Titel Königlicher Professor. Die Gründung des „Stern’schen Gesangvereins“ hatte ihren Ausgangspunkt in den musikalischen Gesellschaften der Sängerin Henriette Sontag, verheiratete Gräfin Rossi. Sie übertrug Stern im Jahr 1846 die Leitung der in ihrem Hause stattfindenden Musikaufführungen. 1850 gründete Stern zusammen mit Theodor Kullak und Adolf Bernhard Marx das erste Konservatorium Berlins, die „Musikschule für Gesang, Klavier und Komposition“ (ab 1852 „Konservatorium der Musik“). Nach den Rücktritten Kullaks und Marx’ 1855 und 1857 führte er die Schule als „Stern’sches Konservatorium der Musik“ allein weiter. Nach seinem Tod wurde die Konzertsängerin Jenny Meyer (1834–1894), Meisterschülerin Sterns, Eigentümerin und ab 1888 Direktorin des Stern’schen Konservatoriums. Deren Schwester, Elisabeth Meyer (1831–1919), über die leider nichts Näheres bekannt ist, heiratete Stern im Jahr 1852.

Julius Stern stand mit Robert Schumann, als Redakteur der Neuen Zeitschrift für Musik, ab 1838 in brieflichem Kontakt und sandte ihm mehrere Lieder zu. Schumann druckte einige Werke Sterns in der NZfM ab und empfahl seine Werke auch an den Leipziger Verlag Breitkopf & Härtel. 1840 widmete Stern Schumann seine Lieder op. 8 („Sechs Gedichte von Reinick, Eichendorff, Burns, Chamisso“). Das erste persönliche Treffen fand wohl im Juli 1841 statt, Schumann vermerkte im Ehetagebuch (Woche 18. Juli bis 8. August 1841) rückblickend: „Julius Stern aus Berlin, jung, strebend, voller Anlagen“, am 14. Juli notierte Schumann in seinem Haushaltbuch Sterns Abreise. Möglicherweise kam die Begegnung in Leipzig über Felix Mendelssohn Bartholdy zustande. 1853/54 korrespondierten Stern und Schumann erneut: Schumann, nun Musikdirektor in Düsseldorf, erwog aufgrund mehrerer Schwierigkeiten und Probleme mit der Leitung des Orchesters und Chors sowie dem Komitee des Musikvereins Düsseldorf zu verlassen. Er hatte sein Dirigat schon abgegeben und war mit Clara Schumann zu einer Konzertreise nach Holland gereist, als er Stern im November und Dezember 1853 anschrieb. Schumann schlug Stern vor, die Stellen zu tauschen. Jedoch traf Sterns Antwort (durch ein Missverständnis) erst über fünf Wochen später ein. Ein Stellenwechsel kam nicht zustande, wohl u.a. aufgrund antijüdischer Ressentiments der Kirche in Düsseldorf, die ein Mitbestimmungsrecht bei der Berufung des Nachfolgers hatte; und Julius Tausch war schon seit Längerem als Nachfolger gehandelt worden. Von den Zuständen in Düsseldorf, „in denen freilich auch keine sonderliche Harmonie ist, ohngefähr so wie der 1ste Accord im Finale der 9ten Symphonie“ (Brief Schumanns an Stern, 12.2.1854, zit. nach Schumann-Briefedition, S. 687), konnte Schumann nicht mehr berichten.

1860 führte Julius Stern nach der wenig erfolgreichen und unter Schumanns Leitung stehenden Berliner Erstaufführung des Oratoriums Das Paradies und die Peri op. 50 im Jahr 1847 das vollständige Werk erneut in der Berliner Sing-Akademie auf – diesmal erfolgreich. Die NZfM lobte die Aufführung, sowohl die Komposition als auch die ausführenden Musiker/innen, und mahnte, dass „nun nicht wieder 13 Jahre vergehen, um diese schönste Tondichtung des unvergeßlichen Rob. Schumann hier zum drittenmale hören zu können.“ (NZfM 52/22, 25. Mai 1860, S. 198).

Clara Schumann trat bei ihren Berliner Konzertreisen (im Dezember 1854, März und November 1855 sowie im November 1875) in den Konzerten bzw. mit Unterstützung des „Stern’schen Gesangvereins“ auf, Aufführungsorte waren das Schauspielhaus am Gendarmenmarkt und die Sing-Akademie. Auf dem Programm standen u.a. Werke von Schumann, Mendelssohn, Bach und Beethoven.

Interessant ist, dass Clara Schumann, als sie 1857 von Düsseldorf nach Berlin übersiedelte, dieselbe Adresse bezog, in der auch Julius Stern zuvor von 1854 bis 1855 wohnte, nämlich in der Dessauerstraße 2 (https://digital.zlb.de/ und https://digital.zlb.de/). Inwieweit das ein Zufall ist oder ob Stern ihr bei der Vermittlung der Wohnung geholfen hat, muss offenbleiben.

Vgl. Cordula Heymann-Wentzel: Das Stern’sche Konservatorium der Musik in Berlin. Rekonstruktion einer verdrängten Geschichte, Dissertation UDK Berlin, 2014, besonders S. 67–69, 84 f., 92. Online unter: https://opus4.kobv.de/ [13.9.2020].

Vgl. Marcus Chr. Lippe: Artikel „Stern, Julius“, in: Ludwig Finscher (Hg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Personenteil Bd. 15, Kassel u.a. 2006, Sp. 1438.

Vgl. Schumann-Briefedition, Serie II, Bd. 17: Briefwechsel mit Freunden und Künstlerkollegen (Briefwechsel Clara Schumanns mit Korrespondenten in Berlin 1832 bis 1883), hrsg. von Klaus Martin Kopitz, Eva Katharina Klein, Thomas Synofzik, Köln 2015, S. 639–640.

(Theresa Schlegel, 2020)