Robert Schumann in Wien

Anstoß für den ersten Aufenthalt Schumanns in Wien war wohl die Bedingung Friedrich Wiecks, einer Verbindung mit seiner Tochter Clara zuzustimmen, wenn Schumann eine Existenz außerhalb Leipzigs gründete. Clara Wieck war wenige Monate zuvor mit großer Begeisterung vom Wiener Publikum aufgenommen worden; was lag näher, als die "Neue Zeitschrift für Musik" nach Wien zu verlegen, wobei der Mangel einer derartigen Zeitschrift in der Medienlandschaft des Metternichschen Polizeistaates als Erfolg versprechend angesehen werden musste.

Mit großer Umsicht leitete der Künstler die dazu notwendigen Schritte ein, versicherte sich der Protektion durch einflussreiche Personen und traf am 3. Oktober 1838 in Wien ein, um seine Angelegenheit persönlich zu betreiben. Trotz persönlicher Vorsprache bei Metternich und Polizeipräsident Sedlnitzky, die dem Künstler liebenswürdig entgegen kamen, errreichte Schumann die auf Erhebungen eines "gediegenen Sachkenners" in Leipzig gründende, niederschmetternde Absage nach knapp einem halben Jahr zermürbenden Wartens. Den kommerziellen Interessen des lokalen Musikverlegers Haslinger stand Schumanns Plan ebenso entgegen wie denen des eifersüchtig in der Ferne auf ein Scheitern des Unternehmens bedachten Friedrich Wieck, der sich nicht vor handfesten Intrigen scheute. Der Briefwechsel Robert Schumanns mit der zu jener Zeit erstmals allein auf Konzert-Tournee in Paris befindlichen Clara Wieck dokumentiert die ganze Bandbreite von Hoffnung und Verzweiflung. Zu den positiven Ergebnissen des Wien-Aufenthaltes zählten neben der Teilnahme am Kulturleben der Stadt Freundschaften fürs Leben, so zu Johann Vesque von Püttlingen, zum Mozart-Sohn Franz Xaver Wolfgang und dessen Freundin Julie von Webenau. Die Begegnung mit Franz Schuberts Bruder Ferdinand, der ihm Werke seines verstorbenen Bruders gab, führte zur Veröffentlichung und Aufführung der C-Dur-Symphonie durch das Leipziger Gewandhausorchester wenige Monate später. Persönlich von Bedeutung waren neben Ausflügen zu den Sehenswürdigkeiten Wiens der Besuch des Währinger Ortsfriedhofes mit den Gräbern Beethovens und Schuberts. Die Kompositionen aus diesem Zeitraum geben einen Eindruck vom emotionalen Zustand des Künstlers: Kinderszenen, Arabeske, Blumenstück, Humoreske, Ein Faschingsschwank aus Wien ...

Als Schumann am 5. April 1839 Wien verließ, hatten sich die Hoffnungsträume nicht erfüllt, doch findet sich auch keine Spur von Enttäuschung.

Den Winter 1846/47 verbrachte Robert Schumann als Begleiter seiner konzertierenden Frau erneut in Wien, wobei auf die Fortsetzung von Claras Erfolg 1838 gehofft wurde. Das flaue Interesse wurde einzig durch ein Konzert unterbrochen, in dem Jenny Lind, die "schwedische Nachtigall" mitwirkte. Doch der finanzielle Misserfolg ist wohl weniger auf einen veränderten Musikgeschmack eines verwöhnten Wiener Publikums zurückzuführen als auf die deprimierende und verzweifelte Stimmung in der Stadt am Vorabend der Revolution.

(Linda Ma-Kircher)

[Abb. 1]

Schönlaterngasse 7a in Wien, wo Robert Schumann von Oktober 1838 bis April 1839 wohnte.
(Fotos: Ma Jian, Wien, 2006)

[Abb. 2]